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Medizinische Gutachten im Arzthaftungsrecht

Uwe Brocks

Rechtsanwalt

Inhalts­verzeichnis

Medizinische Gutachten im Arzthaftungsrecht

Medizinische Gutachten haben im Arzthaftungsrecht eine große Bedeutung – in außergerichtlichen Verhandlungen um Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld wegen eines Behandlungsfehlers, aber auch in Gerichtsverfahren im Arzthaftungsrecht.
 
Die Bedeutung dieser Gutachten ist so groß, da alle Beteiligten Juristen, aber keine Mediziner sind und damit naturgemäß nicht über das vertiefte medizinische Wissen verfügen können, das in einem Rechtsstreit um Behandlungsfehler aber oft für ein interessengerechtes Verfahren notwendig ist.
 
Insofern kann der Erfolg eines Arzthaftungsprozesses von einem Gutachten bzw. der Qualität eines Gutachtens abhängen. Die Bedeutung eines medizinischen (Sachverständigen-)Gutachtens im Arzthaftungsprozess sollte daher nicht unterschätzt werden.

Warum sind medizinische Gutachten so wichtig?

Ein Sachverständigengutachten bzw. Gutachten im Medizinrecht – oder im Speziellen im Arzthaftungsrecht – dient dazu, medizinische Sachverhalte im konkreten Fall so auszuwerten und zu beurteilen, dass Juristen auf dieser Faktengrundlage den Fall hieb- und stichfest rechtlich bearbeiten und die Rechtslage bewerten können.
 
Von Bedeutung ist das, weil im Arzthaftungsprozess zweifelsfrei bewiesen sein muss, dass
 
  • eine Fehlbehandlung („Kunstfehler“) vorlag, die
  • zu medizinischen Schäden beim Patienten geführt hat.
Nur, wenn die Fehlbehandlung bewiesen ist und die Tatsache, dass die Fehlbehandlung ursächlich für einen Gesundheitsschaden war (Kausalität), ist es möglich Ansprüche auf Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld durchzusetzen. Dafür ist ein medizinisches Gutachten im Zweifel die Grundlage.

Was ist ein Sachverständigengutachten im Arzthaftungsrecht?

In einem medizinischen Sachverständigengutachten wird ein bestimmter medizinischer Sachverhalt von einem Arzt aufbereitet, analysiert und fachlich bewertet. Der Gutachter fungiert als neutraler Experte.
 
Der Arzt, der das medizinische Sachverständigengutachten anfertigt,
 
  • muss als medizinischer Gutachter eingetragen sein,
  • darf selbst an der zu begutachtenden Behandlung nicht beteiligt gewesen sein und
  • muss selbst in dem Fachgebiet aktiv sein, in dem der Arzt tätig ist, um dessen (mögliche) Fehlbehandlung es geht.
Gerichtsgutachter werden vom Gericht bestellt und sind diesem gegenüber weisungsgebunden.
 
Privatgutachten werden von einer Partei in Auftrag gegeben, beispielsweise vom Patientenanwalt selbst. Hier hat die Partei die freie Auswahl des Gutachters. Es ist ratsam, auf renommierte Gutachter mit ausgewiesener Expertise zu setzen, um die Glaubwürdigkeit des Gutachtens zu stärken und um bestmöglich Einfluss auf die Gegenseite, das Gericht und den Gerichtsgutachter zu nehmen.

Achtung! Sachverständige sind zur Neutralität und Sachlichkeit verpflichtet, dürfen Gutachten also nicht im Sinne der Partei erstellen, die das Gutachten in Auftrag gegeben hat. Das kann dazu führen, dass ein medizinisches Sachverständigengutachten nicht der Partei „in die Karten spielt“ die es beauftragt und bezahlt hat. Dann muss es aber auch nicht nach außen getragen werden. Ein Privatgutachten muss also nicht eingereicht werden.

Was ist Grundlage des medizinischen Gutachtens und was steht drin?

Grundlage eines Gutachtens sind zum einen vorhandene Behandlungsunterlagen des ursprünglich behandelnden Arztes. Dazu gehören beispielsweise Arztbriefe, OP-Berichte, Röntgenbilder und Laborbefunde. Zum anderen führt der Gutachter eine persönliche Untersuchung des Patienten durch. Dabei erhebt er die Krankengeschichte (Anamnese) und führt eine körperliche Untersuchung durch.
 
Im Gutachten selbst werden dann die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst und verständlich dargestellt. Neben den formalen Angaben wie Name des Gutachters und Auftraggeber werden folgende Punkte detailliert erläutert:
 
  • Der konkrete Auftrag: Was soll der Gutachter untersuchen?
  • Der Sachverhalt: Eine kurze Zusammenfassung des Falls und der vorliegenden medizinischen Unterlagen.
  • Die medizinische Einschätzung: Hier analysiert der Gutachter die Behandlung und beurteilt sie anhand medizinischer Standards.
  • Beantwortung der Fragestellungen: Der Gutachter beantwortet die Fragen, die ihm im Auftrag gestellt wurden, z. B. ob ein Behandlungsfehler vorliegt und welche Folgen dieser hatte.
Ziel des Gutachtens ist es, eine klare und nachvollziehbare Antwort auf die Frage zu geben, ob ein Behandlungsfehler vorliegt und ob dieser für den Gesundheitsschaden des Patienten verantwortlich ist.

Welche Rolle spielt der Rechtsanwalt?

Aufgrund des Gutachtens kann ein Rechtsanwalt beurteilen, wie gut die Aussichten sind, im konkreten Fall erfolgreich Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldansprüche wegen einer Fehlbehandlung durchzusetzen.
 
Ein Rechtsanwalt prüft mithilfe des medizinischen Gutachtens mögliche Ansprüche und entwickelt eine Prozessstrategie.
 
Auf Grundlage des medizinischen Gutachtens kann ein Rechtsanwalt außerdem in der rechtlichen Auseinandersetzung die „richtigen Fragen“ mit einer für den Prozessausgang vorteilhaften Beweislastverteilung stellen und die Ansprüche der Mandanten außergerichtlich und vor Gericht durchsetzen.
 
Gleichzeitig sollte ein Gutachten unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts eingeholt werden. Denn Experten im Medizinrecht haben gute Netzwerke mit sehr renommierten Gutachtern, auf die zurückgegriffen werden kann. Gerade aber die Herausarbeitung eines Schwerpunkts, auf den die Gutachter eingehen sollen, die Ausarbeit der richtigen Fragen und die Vorgabe des rechtlichen Rahmens sind für eine hochwertige Begutachtung entscheidend: Dies alles ist nur gewährleistet, wenn Rechtsanwälte im Medizinrecht von Anfang an eingebunden sind.

Unterschiedliche medizinische Gutachten

Es gibt im Bereich medizinische Gutachten drei Arten von Gutachten:
 
  • Gerichtsgutachten,
  • MD-Gutachten (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung – nur für gesetzlich Krankenversicherte) und
  • Privatgutachten.
Grundsätzlich werden im Arzthaftungsrecht Gutachter gerichtlich bestellt. Es werden Ärzte vom Gericht als Sachverständige bestellt, wenn medizinische Sachkenntnis notwendig ist, über die das Gericht selbst nicht verfügt. Ärzte, die über die notwendige Sachkunde verfügen, werden als Gutachter verpflichtet, ein Ablehnen des Auftrags ist nur im Ausnahmefall möglich.
 
Patienten, die gesetzlich krankenversichert sind, können außerdem ein für sie  kostenfreies Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MD-Gutachten) in Anspruch nehmen.
 
Bei Privatgutachten beauftragt eine Partei auf eigene Kosten einen Gutachter mit der Begutachtung des Falles. Hier hat man als Partei die freie Wahl des Gutachters und kann so erheblichen Einfluss auf die Qualität des Gutachtens nehmen.
 
MD-Gutachten und Privatgutachten werden in der Regel vor einem Klagverfahren eingeholt.

Privatgutachten – Sinn, Zweck und Kosten

Privatgutachten können dazu beitragen, die medizinischen Sachverhalte umfassender zu beleuchten und unterschiedliche Perspektiven aufzuzeigen. Sie dienen dazu, die eigene Argumentation zu stärken und dem Gericht und den gegnerischen Versicherungen eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu liefern. Ein Privatgutachten kann die Gegenseite dazu veranlassen, ihrerseits ein Gutachten einzuholen, um die eigene Position zu stützen. Insgesamt erhöhen Privatgutachten in der Regel die Qualität der rechtlichen Auseinandersetzung und bringen oft neue, bisher unbeachtete Aspekte ein.
 
Die Kosten für ein Privatgutachten muss die Partei grundsätzlich selbst tragen. Das kann zu einem gewissen Kostenrisiko führen. Denn das Honorar für einen Privatgutachter zählt grundsätzlich nicht zu den erstattungspflichtigen Kosten des Rechtsstreits, auch wenn man am Ende den Rechtsstreit „gewinnt“.
 
 
  • das Gutachten „unmittelbar prozessbezogen ist“ und
  • die Sachkunde der Partei nicht ausreicht, einen gebotenen Beweis anzutreten bzw. die Angriffe des Gegners sachkundig abzuwehren.
Dieses BGH-Urteil ist vor allem für Patienten vorteilhaft, denn Patienten verfügen in der Regel nicht über die ausreichende medizinische Sachkunde, um selbst sachkundig Beweise anzutreten.

Privatgutachten = Kostenrisiko?

Auch wenn ein gewisses Restrisiko in Hinblick auf die Kosten für medizinische Privatgutachten besteht, kann es sich lohnen, ein solches Gutachten in Auftrag zu geben – bestenfalls zu Beginn der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Arzt bzw. seiner Haftpflichtversicherung.
 
Einerseits gibt ein Gutachten eines renommierten Privatgutachters häufig schnell und zuverlässig Auskunft über die Erfolgsaussichten eine Arzthaftungs-Klage. Ein solches Gutachten hilft demnach enorm, das Prozessrisiko zutreffend einzuschätzen. So kann ein solches Gutachten im Zweifel einen aussichtlosen Prozess und damit verbundene viel höhere Kosten „verhindern“ – im Sinne der Betroffenen!  
 
Andererseits kann ein Privatgutachten bei guten Erfolgsaussichten schnell zu einer außergerichtlichen Einigung führen.
 
Selbst wenn schon ein Gutachten vorliegt, das nicht positiv für die eigene Position ausfällt, z. B. ein Gerichtsgutachten, kann ein Privatgutachten helfen: um z. B. das schon vorliegende Gutachten auf Richtigkeit hin überprüfen zu lassen oder weil ein Gericht – falls es zu widersprüchlichen Gutachten kommt – laut BGH-Rechtsprechung dazu gezwungen ist, diese Widersprüche aufzulösen.

Fazit

Medizinische Gutachten sind im Arzthaftungsrecht von zentraler Bedeutung. Sie bewerten medizinische Sachverhalte nach genauer Vorbereitung durch Anwälte. Somit helfen sie Anwälten dabei, die Erfolgsaussichten eines Falles einzuschätzen, die richtige Strategie zu entwickeln und die Ansprüche ihrer Mandanten auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld effektiv zu vertreten – sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht.
 
Die Bedeutung von Gutachten im Arzthaftungsrecht sollte daher nicht unterschätzt werden. Als spezialisierte Kanzlei beraten wir Sie umfassend zu allen Fragen rund um medizinische Gutachten und darüber, ob ein Privatgutachten sinnvoll ist. Wir helfen Ihnen dann bei der Auswahl eines geeigneten Gutachters, analysieren die Ergebnisse und entwickeln die optimale Strategie für Ihr Anliegen. Den Kontakt mit den Gutachtern führen wir von der Kontaktaufnahme, über die Beauftragung, die Erstellung des Fragekatalogs, Beantworten von Rückfragen und Auswertung.
 
Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zu medizinischen Gutachten im Arzthaftungsrecht haben. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte durchzusetzen.
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